Arbeitslosigkeit kann tiefgreifende psychische, soziale und sogar körperliche Auswirkungen haben – vor allem, wenn sie plötzlich und unerwartet eintritt. Um die finanziellen Sorgen in dieser Zeit möglichst gering zu halten, bekommst du vom Staat das sogenannte Arbeitslosengeld I (ALG 1) als Überbrückungsleistung. Auch wenn diese finanzielle Leistung zeitlich begrenzt ist, so besteht die Möglichkeit der Verlängerung des Arbeitslosengeldes. Wie das geht und was du dabei beachten musst, erfährst du in diesem Beitrag.
Bitte beachte: Du kannst dich nur bei deiner Agentur für Arbeit vor Ort arbeitslos melden oder einen Antrag auf Bürgergeld stellen! Wir haben eine Checkliste zur Arbeitslosmeldung mit den Fristen und Unterlagen zusammengestellt, die du zur Arbeitslosmeldung benötigst.
Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld I?
Das Arbeitslosengeld I ist keine Sozial-, sondern eine Versicherungsleistung. Das bedeutet, dass jede Person, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist, für eine gewisse Zeit nach Eintritt der Arbeitslosigkeit finanzielle Unterstützung aus der Arbeitslosenversicherung bekommt, um das wegfallende Arbeitsentgelt zu kompensieren. Wann das Arbeitslosengeld I ausgezahlt wird, hängt von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen ab:
- Wohnort: Du wohnst in Deutschland.
- Arbeitslosigkeit: Du bist arbeitslos, das bedeutet, du arbeitest weniger als 15 Stunden pro Woche.
- Arbeitslosmeldung: Du hast dich spätestens am ersten Tag deiner Arbeitslosigkeit persönlich oder online bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet.
- Anwartschaftszeit: Du warst in den letzten 30 Monaten mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt und hast somit in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt. Auch Zeiten der freiwilligen Arbeitslosenversicherung bei Selbstständigkeit, Kindererziehung, Krankengeldbezug oder während eines Freiwilligendienstes können angerechnet werden.
- Verfügbarkeit: Du bist bereit und in der Lage, mindestens 15 Stunden pro Woche zu arbeiten und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nachzugehen.
In unserem Artikel zur Arbeitslosmeldung findest du alle wichtigen Informationen darüber, welche Fristen bei der Arbeitslosmeldung zu beachten sind und welche Unterlagen für die Beantragung von Arbeitslosengeld benötigt werden.
Was aber, wenn du die genannten Voraussetzungen nicht erfüllst und deshalb keinen ALG-1-Anspruch hast? Dann kannst du Bürgergeld (das neue ALG II) beantragen. Dabei handelt es sich um eine Sozialleistung des Staates, die dir so lange ausgezahlt wird, wie du nachweisen kannst, dass du deinen Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren kannst. Kurz gesagt ist es also eine Grundsicherung für Menschen in finanzieller Not. Im Gegensatz zu ALG 1 ist bei ALG 2 nicht die Agentur für Arbeit, sondern das Jobcenter für dich zuständig.
Arbeitslosengeldanspruch: Wie lange kriegt man ALG 1?
Die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld I (ALG I) ist gemäß § 147 SGB III grundsätzlich von zwei Faktoren abhängig: Dauer der Beschäftigung und Alter bei Beginn der Arbeitslosigkeit. Je länger du sozialversicherungspflichtig beschäftigt warst und je älter du bist, desto höher und länger ist auch dein Arbeitslosengeldanspruch. Unter 50 Jahren kannst du maximal 12 Monate Arbeitslosengeld bekommen, über 50 Jahren kann das Arbeitslosengeld bis 48 Monate nach Eintritt der Arbeitslosigkeit ausgezahlt werden. Wie du die Höhe vom Arbeitslosengeld genau berechnest, welche Sonderregelungen es gibt und was es beispielsweise mit dem fiktiven Bemessungsentgelt auf sich hat, erfährst du in unserem Beitrag zum Arbeitslosengeldrechner.
In diesem Artikel soll es nun aber vielmehr darum gehen, dass für das Arbeitslosengeld eine Verlängerung fernab dieser beiden Faktoren möglich ist. Wir zeigen dir, wie du eine Arbeitslosengeldverlängerung bekommst und gleichzeitig deine Chancen auf deinen neuen Traumjob verbesserst.
Wie lange kriegt man Arbeitslosengeld I bei einer Weiterbildung oder Umschulung mit Bildungsgutschein?
Wie lange du Arbeitslosengeld bekommst, hängt zwar primär von deiner Beschäftigungszeit und deinem Alter ab, kann sich unter bestimmten Voraussetzungen aber auch verlängern lassen – zum Beispiel mit einer Weiterbildung oder Umschulung, die von der Agentur für Arbeit mit einem Bildungsgutschein gefördert wird und die nachweislich deine Vermittlungschancen verbessert. Eine Umschulung oder Weiterbildung während der Arbeitslosigkeit kann also deine beruflichen Chancen enorm verbessern und gleichzeitig die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I verlängern. Sie bietet dir die wertvolle Möglichkeit, die Zeit sinnvoll zu nutzen, dich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln und dich besser auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Du profitierst somit gleich doppelt von einer beruflichen Weiterbildung während der Arbeitslosigkeit.
Wenn deine Weiterbildung oder Umschulung von der Agentur für Arbeit bewilligt wurde, wird dein Arbeitslosengeld I für die gesamte Dauer der Maßnahme fortgezahlt und die 2:1-Minusregel greift. Aber was bedeutet das genau? Für zwei Tage Teilnahme an einer Weiterbildung oder Umschulung während ALG-1-Bezug wird dir nur ein Tag von deinem ursprünglichen Anspruch abgezogen. Dein Arbeitslosengeldanspruch schrumpft also während deiner Weiterbildung oder Umschulung mit halber Geschwindigkeit. Und als wäre das nicht schon lohnenswert genug, verlängert sich dein Arbeitslosengeldanspruch nach erfolgreichem Abschluss deiner Weiterbildung oder Umschulung um weitere 30 Tage, um einen neuen Job zu finden – selbst wenn die eigentliche Arbeitslosengeld-Anspruchsdauer bereits aufgebraucht ist.
Hier noch einmal ein Beispiel zur 2:1-Minusregel: Du bist arbeitslos und beziehst Arbeitslosengeld. Bei beruflicher Weiterbildung, die beispielsweise sechs Monate dauert, verringert sich deine Arbeitslosengeld-Anspruchsdauer in dieser Zeit nur um drei Monate, statt um sechs – also mit halber Geschwindigkeit. Umgekehrt bedeutet das, dass sich dein Anspruch ohne Teilnahme um die vollen sechs Monate reduzieren würde.
Allerdings gilt es, hierbei zu unterscheiden, ob die Restanspruchsdauer bei Beginn der Weiterbildung mehr oder weniger als 90 Tage beträgt. Die folgenden zwei Beispiele machen die Unterschiede deutlich.
Beispiel 1: Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld bei Beginn der Weiterbildung mehr als 90 Tage
Wenn du zu Beginn der beruflichen Weiterbildung noch über einen Arbeitslosengeldanspruch von mehr als 90 Tagen verfügst, greift die bereits beschriebene 2:1-Minusregel – für zwei Tage Weiterbildung wird nur ein Tag ALG 1 angerechnet. Das bedeutet konkret: Bei einem verbleibenden ALG-1-Anspruch von 360 Tagen und einer Teilnahme an einer 120-tägigen Weiterbildung werden dir nur 60 Tage abgezogen. Somit besteht nach der Weiterbildung noch ein Anspruch von 300 Tagen auf ALG 1 und du hast mehr Zeit für die Jobsuche.
Beispiel 2: Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld bei Beginn der Weiterbildung 90 Tage oder weniger
Wenn dir bei Beginn der Weiterbildung weniger als 90 Tage Restanspruch zustehen, greift die sogenannte Schutzregel. Das bedeutet, dass eine weitere Minderung deines Arbeitslosengeldanspruchs sofort gestoppt wird, sobald dieser unter 90 Tage fällt. Darüber hinaus wird für die gesamte Weiterbildungsdauer Arbeitslosengeld gezahlt. Wenn die Maßnahme mindestens sechs Monate dauert, wird außerdem der Anspruch einmalig wieder auf 90 Tage erhöht.
Welche Arten von Weiterbildungen sind förderfähig?
Wichtig: Zur Arbeitslosengeldverlängerung ist nicht jede beliebige Weiterbildung oder Umschulung geeignet. Die Maßnahme muss von einem nach AZAV zugelassenen Bildungsträger wie karriere tutor® angeboten werden, damit sie mit einem Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden kann. Außerdem muss sie nachweislich zur Verbesserung der Vermittlungschancen beitragen.
So geht's: mit Bildungsgutschein ALG 1 verlängern
Wenn du an einer geförderten Weiterbildung oder Umschulung teilnimmst, ist es nicht nötig, einen gesonderten Antrag auf Verlängerung von Arbeitslosengeld I zu stellen. Der Anspruch auf die erneute Verlängerung von Arbeitslosengeld wird automatisch durch die Agentur für Arbeit geprüft. Bei der Beantragung eines Bildungsgutscheins gibt es dennoch einige Schritte zu beachten.
Wende dich zunächst an deine Agentur für Arbeit vor Ort und schildere deine aktuelle Situation. Teile auch deinen Wunsch nach einer geförderten Weiterbildung oder Umschulung mit und überlege dir am besten bereits vorher, welche Themen dich interessieren und wie dir eine neue Qualifikation dabei helfen kann, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Agentur für Arbeit prüft dann deine individuelle Situation, um festzustellen, ob du für eine Förderung infrage kommst. Lautet die Antwort ja, kannst du dir nun einen Bildungsträger und die passende Weiterbildung oder Umschulung aussuchen.
Anschließend beantragst du den Bildungsgutschein, sendest ihn dem Bildungsträger zu, beginnst mit der Bildungsmaßnahme und dein Arbeitslosengeld 1 verlängert sich automatisch. Was du alles bei der Beantragung des Bildungsgutscheins beachten solltest und weitere hilfreiche Tipps und Tricks findest du auf unserer Infoseite zum Bildungsgutschein.
Darum lohnt sich eine Weiterbildung oder Umschulung besonders
Wie du siehst, wird durch eine Umschulung oder Weiterbildung bei Arbeitslosigkeit dein Arbeitslosengeld verlängert. Entweder verbraucht es sich durch die 2:1-Minusregel langsamer oder es wird bei weniger als 90 Tagen Restanspruch sofort gestoppt und sogar wieder aufgestockt, sofern die Maßnahme mindestens sechs Monate dauert. Es gibt aber noch weitere Gründe, weshalb du diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen solltest.
Der Abschluss einer beruflichen Weiterbildung zeugt von Eigeninitiative und dem Willen zum lebenslangen Lernen, wodurch sich deine Jobchancen erheblich verbessern und du dich für gefragte Berufe, beispielsweise im Bereich IT, Marketing oder Digitalisierung, qualifizieren kannst. Neben fachlichen Kompetenzen vermittelt eine berufliche Weiterbildung auch jede Menge Soft Skills und fördert deine persönliche Weiterentwicklung. Sie gibt deinem Alltag Struktur und bietet dir die Gelegenheit, dein Netzwerk auszubauen, sodass du mit einem stärkeren Selbstbewusstsein in den Arbeitsmarkt zurückkehren kannst.
FAQs
Wie kann ich mein Arbeitslosengeld I verlängern?
Mit einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Umschulung oder Weiterbildung kannst du die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld 1 verlängern. Dank der 2:1-Minusregel sinkt der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Weiterbildung bzw. Umschulung mit halber Geschwindigkeit: Zwei Tage Teilnahme entsprechen einem Tag weniger Anspruch.
Wer hat Anspruch auf Arbeitslosengeld I?
In Deutschland hast du Anspruch auf Arbeitslosengeld I (ALG 1), wenn du innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens zwölf Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hast. Es ist dabei unerheblich, ob die Beiträge zusammenhängend oder unterbrochen waren. Als anrechenbare Zeiten gelten unter anderem Kurzarbeit, Wehr- oder Zivildienst, Elternzeit, Bezug von Krankengeld oder ein Freiwilligendienst.
Was brauche ich, um Arbeitslosengeld I zu beantragen?
Um Arbeitslosengeld I zu beantragen, benötigst du unter anderem folgende Unterlagen: Personalausweis oder Reisepass, Sozialversicherungsausweis, Arbeitsbescheinigung, Lebenslauf und Antragsformular. Diese Dokumente helfen der Agentur für Arbeit, deinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I zu prüfen und zu bearbeiten. Eine übersichtliche Zusammenfassung aller wichtigen Fristen und Unterlagen findest du in unserer Checkliste.
Wie viel Arbeitslosengeld I steht mir zu?
Die Dauer und die Höhe des Arbeitslosengeldes richten sich nach § 147 SGB III und hängen von der Dauer deiner vorherigen Erwerbstätigkeit und deinem Alter bei Eintritt der Arbeitslosigkeit ab. Bei der Agentur für Arbeit kannst du vorab berechnen lassen, wie hoch dein Arbeitslosengeld ausfällt und wie lange du es bekommst. Jetzt Arbeitslosengeld berechnen.
Wie hoch ist das maximale Arbeitslosengeld?
Die Höhe des Arbeitslosengeldes ist in Deutschland durch die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze limitiert. Diese legt fest, bis zu welcher Einkommensgrenze Beiträge zur Arbeitslosenversicherung berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist die Höhe und der ALG-1-Anspruch von Faktoren wie Steuerklasse, Kinderfreibetrag und Bundesland abhängig. Derzeit liegt der Höchstsatz mit Kind und Steuerklasse III bei 3.161 € netto und ohne Kind und Steuerklasse I bei 2.835 €. Wie du dein Arbeitslosengeld berechnen kannst, erfährst du in unserem Ratgeber zum Thema „Arbeitslosengeldrechner“.
Wie hoch ist das Arbeitslosengeld bei einer Weiterbildung?
Während einer Weiterbildung oder Umschulung, die von der Agentur für Arbeit mit einem Bildungsgutschein gefördert wird, erhältst du in der Regel Arbeitslosengeld in gleicher Höhe wie vor Beginn der Maßnahme. Dieses sogenannte Unterhaltsgeld dient dazu, deinen Lebensunterhalt während dieser Zeit zu sichern. Die genaue Höhe richtet sich nach deinem letzten Nettoeinkommen und wird individuell berechnet. Wenn du Kinder hast, kann das Unterhaltsgeld höher ausfallen, da ein Zuschlag für Kinderbetreuungskosten möglich ist.