Programmierer, Webdesigner, Redakteure oder Fotografen: Die berufliche Bandbreite, auf der sich das ortsunabhängige Arbeiten erstreckt, ist facettenreich. Mirjam Hruby, Content Managerin bei karriere tutor®, arbeitet seit zwei Jahren immer mal wieder an exotischen Orten und kennt die üblichen Herausforderungen als digitaler Nomade. Aktuell ist sie in Südostasien – einem Hotspot für Remote Worker – und gibt Ihnen in diesem Beitrag wertvolle Tipps aus erster Hand, wenn auch Sie digitaler Nomade werden wollen.
Es ist acht Uhr morgens an einem sonnigen Montag auf einer kleinen Insel im Süden Thailands. Die Blätter der Palmen am Strand von Koh Phangan wehen friedlich im Wind, das Brummen der Roller dröhnt von den rauen Straßen in den kühlen Co-Working-Space mit Meerblick. Wo viele Deutsche Urlaub machen, sitzen 30 digitale Nomaden zusammen in dem gläsernen Büroraum und starten ihre Arbeitswoche. Mittendrin Content Managerin Mirjam Hruby. Sie verbindet hier die Vorteile, die ihr der „New-Work-Spirit“ bei karriere tutor® bietet, mit ihrem Traum, das Reisen und Arbeiten miteinander zu verbinden.

„New Work bedeutet für mich in erster Linie Flexibilität im Hinblick auf den Ort, an dem ich arbeite. Alles, was ich für meinen Job brauche, ist gutes Internet und meinen Laptop“, erklärt Mirjam Hruby. So sieht auch das Basis-Equipment des Großteils der digitalen Nomaden in Koh Phangan aus: MacBooks an jedem Arbeitsplatz, wahlweise mit portablem Zweitbildschirm für die Programmierer, oder auch iPads zum Zeichnen für die Illustratoren.
Herausforderung Nr. 1: Immer auf der Jagd nach dem schnellsten Internet
Was für einige verrückt klingt, ist für digitale Nomaden essenziell: Das persönliche Reiseziel wird nach der Qualität des Internets ausgewählt. Internetseiten wie Nomadlist.com bieten einen hervorragenden Überblick über die Orte mit dem schnellsten WiFi. In fast jeder Destination empfiehlt es sich außerdem, sich eine lokale SIM-Karte zuzulegen. „In Thailand arbeite ich meist mit dem mobilen Internet meines Smartphones als Hotspot für den Laptop”, sagt Mirjam Hruby. „Damit bin ich besonders auf Inseln viel schneller unterwegs als mit dem lokalen WLAN.”
Das schnellste Internet bieten häufig Co-Working-Spaces. Wer viele Skype-Calls am Tag hat wie Mirjam Hruby, sollte im Vorfeld sicherstellen, dass es separate Meeting- oder Skype-Räume gibt. „Ich kontaktiere meist den Betreiber des Co-Workings und reserviere mir für meine Termine einen eigenen Raum”, erklärt Mirjam Hruby ihre Strategie. „So kann ich sichergehen, dass ich in Ruhe mit meinem Team sprechen kann.”
Wie viele digitale Nomaden gibt es?
Weltweit ist das Feld des Neo-Nomadismus oder des ortsunabhängigen Arbeitens noch nicht tiefgreifend erforscht. Die Begrifflichkeiten für diesen Lebensstil wie etwa digitaler Nomade, Remote Worker, Online-Worker oder New Work als Sammelbegriff für die verschiedenen Strömungen des ortsunabhängigen Arbeitens definieren grundsätzlich einen multilokalen Arbeits- und Lebensstil. Dem Handelsblatt zufolge gibt es weltweit etwa eine halbe Million digitale Nomaden – Tendenz steigend. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens PwC sei besonders die Generation Y (Personen zwischen 25 und 35 Jahren) offen für den ortsunabhängigen Lebensstil: Jeder Fünfte könne sich vorstellen, von unterwegs an unterschiedlichen Orten zu arbeiten.
Viele Remote Worker verbringen die Winterzeit gerne in der Sonne und kehren im Sommer nach Deutschland zurück. Zu dieser Zeit finden in vielen Großstädten Meetups statt. Seit 2014 gibt es beispielsweise im Mai ein „Digitale-Nomaden-Event“ in Berlin, das mittlerweile über 1.500 Besucher lockt. Die DNX verbindet Business-Vorträge über persönliche Stories von ortsunabhängigen Online-Unternehmern mit Workshops zu gesundheitlichen Themen und Networking-Events für ihre Zielgruppe.
Herausforderung Nr. 2: Den richtigen Ort und Platz zum Arbeiten finden
Während sich Freunde und Familie in Deutschland mit dem nasskalten Wetter herumschlagen müssen, können remote arbeitende Reisefans dem Winter in wärmere Gefilde entfliehen. Über mangelnde Vitamin-D-Versorgung braucht man sich jedenfalls in den meisten Hotspots für digitale Nomaden nicht beklagen. Die beliebtesten Orte sind laut Nomadlist.com aktuell Lissabon, das balinesische Canggu und Koh Phangan im Süden Thailands, wo auch Mirjam Hruby aktuell ihre digitalen Zelte aufgeschlagen hat. Der Vorteil südostasiatischer Länder liegt auf der Hand: Die Lebenshaltungskosten betragen nicht einmal 400 bis 600 Euro monatlich und dazu genießt man Traumstrände und gutes Essen.
Laissez-faire-Stimmung am Strand? Fehlanzeige!
Treffpunkte und Arbeitsplätze der WiFi-hungrigen Internet-Nomaden sind beinahe überall auf der Welt die zahlreichen Co-Working-Spaces, die Surfen mit Höchstgeschwindigkeit möglich machen. Die Arbeitsatmosphäre dort entspricht aber keinesfalls dem Klischee vom digitalen Nomaden mit Laptop in der Hängematte und einer Kokosnuss daneben. Auch wenn die Weltarbeiter dem matten Neonlicht der Büroräume in Deutschland entflohen sind, herrscht in den Co-Working-Spaces eine fokussierte Stimmung wie in einer Universitätsbibliothek. Jeder ist vertieft in seine Projekte, es gibt separate Skype- und Meeting-Räume und ein angeschlossenes Restaurant für die Mittagspausen.
Doch nicht nur schnelles Internet treibt viele Remote Worker in die Gemeinschaftsbüros. Die Co-Working-Spaces weltweit dienen auch als Ort der Vernetzung, regen zum Austausch über die eigenen Berufsprofile an und oft werden auch Skill-Sharing-Events veranstaltet. „Mich haben die dort geknüpften Kontakte sehr inspiriert”, erzählt Mirjam Hruby. „Ob Affiliate Marketer, Dating-Vermittler oder Ernährungs-Coaches: Es ist spannend, wie unterschiedlich die Menschen online Geld verdienen.”
Hirnforschung bestätigt: Reisen fördert Kreativität
Was früher für Schriftsteller wie Goethe und Schiller zur Arbeitsroutine gehörte, nutzen heute viele Remote Worker aus. Der Tapetenwechsel durch das Reisen sorgt nachweislich für mehr kreativen Input sowie Inspiration, der auch auf den eigenen Job Einfluss nimmt. Der Hirnforscher Professor Adam Galinsky von der Columbia Business School wies anhand von mehreren Studien den positiven Einfluss von internationalem Reisen auf die Kreativität nach. „Auslandsaufenthalte vergrößern sowohl unsere kognitive Flexibilität als auch die Fähigkeit, ein Verständnis für andersartige Lebensformen herzustellen”, so Galinsky. Der Schlüssel für mehr Kreativität liege laut Galinsky im Eintauchen in das lokale kulturelle Umfeld. „Jemand, der sich nicht in die lokale Gemeinschaft einbringt, bekommt weniger kreative Förderung als Personen mit lokaler Integration.”
Herausforderung Nr. 3: In verschiedenen Zeitzonen gleichzeitig leben und arbeiten
Bei der Meeting-Planung gilt es vielerorts, die Zeitverschiebung zu berücksichtigen. Viele digitale Nomaden empfinden die Zeitdifferenz in asiatischen Ländern einerseits als angenehm. Sie starten ihren Arbeitstag meist ohne Ablenkung, da die Kollegen in Europa noch schlafen. Andererseits bedeutet das Reisen in eine andere Zeitzone auch, dass man seine Termine entsprechend den europäischen Uhrzeiten koordinieren muss. Damit das Umrechnen auf deutsche Zeit nicht zu kompliziert wird, können Apps wie Time Buddy unterstützen. Auch die Desktop-Version des Google Calendars bietet die Option, zwei verschiedene Zeitzonen einzustellen. So sieht man auf einen Blick, wo gerade welche Uhrzeit herrscht.
Boarding soon … oder nur am Wochenende
Was für Urlauber oder Langzeitreisende ohne Arbeitsverpflichtung kein Problem darstellt, ist für Remote Worker in Vollzeit nur mit Einschränkungen möglich: Zwar haben die meisten Online-Worker flexible Arbeitszeiten, doch von überall zu arbeiten bedeutet auch, dass werktags keine größeren Freizeitaktivitäten oder Ausflüge möglich sind. Besonders herausfordernd ist auch das Weiterreisen oder das Zurückreisen in das Heimatland, das für viele oft nur am Wochenende möglich ist, da unter der Woche dafür keine Zeit ist. Der dazugehörige Jetlag ist anschließend nur mit ein paar Extraurlaubstagen auszukurieren.
Herausforderung Nr. 4: Daten und Equipment sichern
Ob als Tourist oder digitaler Nomade, beinahe überall spielt das Thema Sicherheit eine große Rolle. Ihren Laptop und das technische Equipment beschützen Online-Worker daher wie ihren eigenen Augapfel. Denn nichts Schlimmeres könnte passieren, als dass der Laptop oder andere wichtige Arbeitsutensilien abhandenkämen. „Ich habe mir vor ein paar Jahren einen PacSafe gekauft”, erklärt Mirjam Hruby. „Das ist eine Art portabler Taschen-Tresor mit Zahlenschloss für meine Wertsachen.” Bei der Absicherung des eigenen Handwerkszeugs sind den persönlichen Sicherheitsbedürfnissen keine Grenzen gesetzt. Von Back-ups zur Datensicherung über wasserfeste Taschen für schaukelige Fahrten mit Wassertaxis bis hin zu Staub- und Flüssigkeitsschutz für die Laptop-Tastatur – jeder sorgt anders für einen sicheren Workflow.
Herausforderung Nr. 5: „Slow Traveling“ – Berufliches und Privates vereinbaren können
Wie viele digitale Nomaden ist auch Mirjam Hruby in die Ferne zum Arbeiten gereist, um neben der Arbeit andere Länder und Sitten kennenzulernen. „Ich sehe die Umgebung hier als Inspiration für meine eigene Arbeit, die mir Kreativität gibt“, so Mirjam Hruby. Jedoch stellt sich auch am selbstgewählten „Wunscharbeitsort“ – ähnlich wie in den heimatlichen Gefilden – die Herausforderung, Berufliches und Privates vereinbaren zu müssen, so dass weder das eine noch das andere zu kurz kommt. Eine gute Möglichkeit bietet dem digitalen Nomaden hier das „Slow Traveling“:
Während an Firmenstandorte gebundene Erwerbstätige nur zwei bis drei Wochen im Jahr eine Fernreise genießen und oftmals einen regelrechten Sightseeing-Marathon absolvieren, können sich Remote Worker oft beliebig viel Zeit nehmen. Das lange Verweilen an bestimmten Orten nennt sich Slow Traveling und dient nicht nur dazu, seine Arbeitsroutine beizubehalten, sondern ermöglicht auch das Eintauchen in die jeweilige Kultur. „Ich versuche während meiner Reisen in Kontakt mit den Einheimischen zu kommen. Am besten klappt das, wenn man sich in einem „Homestay“ bei einer einheimischen Familie einmietet”, empfiehlt Mirjam Hruby.
5 Lifehacks für das Arbeiten als digitaler Nomade:
- Bei Auslandsaufenthalten ist eine Auslandskrankenversicherung unabdingbar. Für digitale Nomaden gibt es mittlerweile spezielle Pakete wie etwa die Nomad Insurance von SafetyWing. Sollten Sie für längere Zeit außerhalb von Deutschland reisen, können Sie Ihre deutsche Krankenversicherung auf Anwartschaft setzen bzw. pausieren.
- Wer kümmert sich um Ihre Post, während Sie weg sind? Digitalisierungsservices für Briefpost sind die Lösung, um weiterhin seinen Briefkasten auf digitalem Wege im Auge behalten zu können. Dropscan beispielsweise ist ein solcher Scanservice, der Ihnen Ihre Post per Cloud zukommen lässt.
- Alle wichtigen Dokumente wie Reisepass oder internationaler Führerschein sollten Sie zusätzlich als digitale Kopie in Ihrer Dropbox abspeichern, um im Falle eines Verlusts darauf zurückgreifen zu können.
- Andere Länder, andere Steckdosen: Ratsam ist es außerdem, sich einen Steckdosen-Adapter zuzulegen, der für jegliche Form von internationalen Steckern passend ist.
- „Work fast, travel slow”: Je effizienter Sie Ihre Arbeitszeit nutzen, desto mehr Zeit haben Sie, um Ihr Reiseziel zu erkunden. Behalten Sie daher Ihre Routinen bei und sorgen Sie für ausreichend Schlaf und Bewegung, um die Qualität Ihrer Arbeit sicherzustellen.
Wagen Sie das Abenteuer Remote Work
Das Leben als digitaler Nomade erfordert also nicht nur viel Organisationsgeschick, sondern auch ein Maximum an Flexibilität und den Willen, die eigene Komfortzone zu verlassen. Nicht immer geht alles glatt, doch wer sich den Herausforderungen stellt, gewinnt ein Überraschungspaket an einzigartigen und unvergesslichen Momenten fürs Leben. Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, ins Abenteuer digitaler Nomade zu starten, kann sich freuen. „Jeder kann digitaler Nomade werden, wenn er das entsprechende Skill-Set besitzt, das für eine Tätigkeit in der Online-Welt notwendig ist“, weiß Mirjam Hruby.